Frühlingserwachen - Der Zauber des Duftveilchens
- mondblumenzeit
- 13. Apr.
- 7 Min. Lesezeit
Jedes Jahr aufs Neue zaubert diese kleine Blume nicht nur Blumenfreunden ein Lächeln ins Gesicht. Seit Jahrhunderten inspiriert das Duftveilchen (Viola odorata) Gartenliebhaber, Künstler und Naturfreunde gleichermaßen.
"Ich wünsche dir ein Veilchen gleich,
so still, so rein, so wunderbar,
es blüht versteckt im grünen Reich
und duftet leise, Jahr für Jahr."
(Friedrich Rückert)

Eine zarte Frühlingsbotin, die kleine lila Farbtupfer in unsere Wiesen zaubert. Im Volksmund ist das Duftveilchen auch als März-Veilchen bekannt und auf ihre Pünktlichkeit ist absolut Verlass. Obwohl sich das Klima in den letzten Jahren deutlich verändert hat, oft schon im Februar frühlingshafte Temperaturen herrschen, wartet unsere kleine Frühaufsteherin bis zum März. Keine Ahnung wie sie das macht. Hat sie einen inneren Kalender? Oder misst sie wie die Buche die Lichtstunden? Fragen, auf die ich noch keine Antwort gefunden habe.
Veilchenreise durch die Geschichte
Das Veilchen hat seinen Ursprung in Europa, Asien und Nordafrika – eine Weltenbummlerin mit einer langen Geschichte, die bis in die Antike zurückreicht.
Schon die Griechen und Römer kultivierten es in ihren Gärten. Bereits damals wurde das Veilchen als Heilmittel gegen Husten, Schlafstörungen und Hauterkrankungen eingesetzt.
Im Mittelalter fand es besonders in den Klostergärten seinen Platz, wo Mönche und Nonnen damit so manches Heilmittel zauberten. Als Inbegriff von Unschuld und Reinheit wurde es in der christlichen Symbolik mit der Jungfrau Maria in Verbindung gebracht.
Ein paar Jahrhunderte später entdeckte der französische Adel das „blaublütige“ Blümchen und bescherte ihm eine herrschaftliche Blütezeit. Im 18. Jahrhundert schmückte es daher nicht nur die Gärten des Adels, sondern wurde sogar zum Symbol der Monarchie Frankreichs gewählt.
Mit dem 19. Jahrhundert kam endlich Romantik ins Spiel. Das Veilchen ward ein Sinnbild der romantischen Liebe, des Frühlings, aber auch der Vergänglichkeit. Viele Dichter wurden von dieser zarten Muse geküsst und ließen das Veilchen in unzähligen poetischen Werken über Liebe, Sehnsucht und Vergänglichkeit abermals erblühen.
Schlicht nur bist Du stets gewesen,
unbedeutend oft und klein
dennoch nimmt Dein liebes Wesen
jeden, jeden für Dich ein.
(Rainer Maria Rilke)
Auch Kaiserin Sissi war dem Zauber dieser kleinen Blume erlegen. Sie schätzte das Veilchen nicht nur als Symbol für ihre Verletzlichkeit und ihren inneren Frieden, sondern liebte auch dessen kulinarischen Genuss. Veilchensorbet soll zu ihren Lieblingsdessert gezählt haben.

So erkennst Du das Duftveilchen
Weltweit gibt es rund 500 wild wachsende Veilchenarten, dazu kommen unzählige Gartenformen. In Österreich und Deutschland sind etwa 30 Arten heimisch, recht häufig sind das Hundsveilchen (Viola canina), das Rauhe Veilchen (Viola hirta), das Waldveilchen (Viola reichenbachiana) und das Hainveilchen (Viola riviniana). Da sich die verschiedenen Veilchenarten auch gerne untereinander kreuzen, kann selbst für Botaniker die genaue Bestimmung eine echte Herausforderung darstellen.
Viola odorata ist eine mehrjährige, krautige Pflanze, die eine Wuchshöhe von etwa 5 bis 15 cm erreicht. Die Blätter des Duftveilchens sind grundständig in einer Rosette angeordnet und sehen aus wie umgekehrte Herzen auf einem Stiel. Sie sind meistens leicht behaart und haben einen schwach gekerbten Blattrand.
Das Duftveilchen besitzt ausschließlich Grundblätter und seine Blütenstängel sind immer unbeblättert. Dagegen besitzt das Hundsveilchen nur Stängelblätter, aus deren Blattachseln ihre Blütenstiele entspringen. Das Waldveilchen wiederum ist sowohl mit Grundblätter als auch Stängelblätter ausgestattet.
Auch zu beachten sind die unterschiedlichen Blattformen der verschiedenen Veilchenarten. Sie sind zwar allesamt herzförmig, dennoch zeigen sie eine große Variabilität in ihrer Form. Das Duftveilchen hat rundliche bis nierenförmige Blätter mit langen Stielen. Die Blätter des Hundsveilchens (Viola canina) und des Rauen Veilchens (Viola hirta) sind mehr länglich herzförmig, ähnlich auch einer Pfeilspitze. Unabhängig von anderen Merkmalen ähneln die Grundblätter des Hainveilchens (Viola riviniana) dem des Duftveilchens am meisten.
Duftveilchen oder Wohlriechendes Veilchen wird es im Volksmund genannt. Und das nicht ohne Grund. Sowohl im Volksnamen als auch in der botanischen Bezeichnung spiegelt sich der Duft als Hauptmerkmal des März-Veilchens wider. Der lateinsiche Namensteil odorata leitet sich von odorare = duftend und wohlriechend ab. Jedoch kann nicht jedes Veilchen mit diesen Wohlgeruch beeindrucken. Duftkönigin ist das Märzveilchen (Viola odorata). Die meisten anderen bekannten Veilchenarten sind zwar genauso schön, aber fast immer geruchlos. In unserer Wiese wachsen zum Glück reichlich Märzveilchen, aber auch diverse Kreuzungen, die dennoch mit etwas schwächerer Duftintensität überzeugen.
Jede einzelne Blüte des Duftveilchens besteht aus fünf dunkelvioletten Kronblättern, wobei das untere Blatt am Ende einen Sporn bildet. Dieser Sporn ist ebenfalls dunkelviolett und meistens gerade.
Nur von März bis April beschert uns das Märzveilchen ihr duftendes Blütenspektakel. Dann ist seine Blütezeit vorbei, weil es ihm schlichtweg zu warm wird. Wir müssen allerdings nur auf den Duft verzichten, denn die vielen anderen Veilchenarten beweisen mehr Ausdauer und ihre Blühfreudigkeit verwöhnt uns oft bis in den Juni hinein.
Raffinierte Fortpflanzung: Kleistogamie & Chasmogamie
In Sachen Fortpflanzung geht das Duftveilchen lieber auf Nummer sicher. Es setzt dabei nicht nur auf verschiedene Methoden, sondern auch auf verschiedene Blütentypen.
Fortpflanzungsmethoden des Duftveilchens:
Chasmogame Blüten – das sind jene, die ihre Pracht offen zur Schau stellen. Klein, violett – wie wir sie kennen und lieben. Mit ihrem betörenden Duft locken sie Bestäuber an und ermöglichen einen genetische Durchmischung. Falls jedoch kein geeigneter Besucher vorbeischaut, greift es einfach auf Selbstbestäubung zurück.
Kleistogame Blüten - Im Sommer erscheinen dann die kleistogamen Blüten. Das sind winzige, unscheinbare und verschlossene Blüten, die sich gar nicht erst die Mühe machen, Bestäuber anzulocken. Keine Bienen, kein Wind – einfach Selbstbestäubung auf die unkomplizierte Art. Damit sichert sich das Veilchen auch in mageren Zeiten die nächste Generation. Obwohl das Veilchen Insekten anlockt, erfolgt die Bestäubung hauptsächlich durch Kleistogamie.
Und zu guter Letzt sichert das Veilchen seinen Fortbestand noch auf vegetative Weise ab. Mithilfe kriechender Ausläufer, erobert es Stück für Stück neue Gebiete. Lange, schlanke Triebe schlängeln sich über den Boden, und an ihren Knotenpunkten sprießen neue, eigenständige Pflänzchen heran. Diese vegetative Vermehrung ist für das Veilchen oft sogar erfolgreicher als die klassische Samenvermehrung. Sie sorgt dafür, dass es sich schnell und flächendeckend ausbreitet – quasi ein echter „Selbstläufer“ in Sachen Nachwuchs! Auch hier unterscheidet sich das Duftveilchen von seinen Familienmitgliedern. Nur Viola odorata bildet oberirdische Ausläufer.
Natürlicher Lebensraum und Gartenoase
Zu finden ist das Wohlriechende Veilchen in unseren Wäldern und Auen, an Bachufern, auf Wiesen, aber auch in unseren Gärten. Es bevorzugt Standorte, die eher halbschattig und etwas feucht sind.
Veilchen lassen sich auch gut im eigenen Garten kultivieren. Einmal gesetzt, kannst Du sie sich selbst überlassen, sie verbreiten sich von ganz alleine. Die Tricks der Natur sind einfach unschlagbar. Das Veilchen sät sich selbst aus und die Ameisen übernehmen den Umzugsservice und schleppen die Samen kreuz und quer durch deinen Garten.
Auch eine Aussaat ist möglich, dabei solltest du darauf achten, dass sie Frostkeimer sind. Der beste Aussaatzeitpunkt ist daher der Herbst. Generell lieben Veilchen eher die Kälte. Nur unter ca.15 °C denken sie überhaupt daran, ihre hübschen Blütenknospen zu bilden.
Das Veilchen im Ökosystem und warum Ameisen es lieben
Wegen seines Nektars ist das Märzveilchen für früh im Jahr fliegenden Schmetterlingsarten eine wertvolle Nahrungsquelle. So wird es beispielsweise gerne vom Distelfalter angeflogen. Doch nicht nur die Blüten haben für Schmetterlinge eine besondere Bedeutung, auch die Blätter sind heiß begehrt. Unsere heimischen Veilchenarten, zu denen auch die Stiefmütterchen zählen, dienen als wichtige Futterpflanzen für Raupen verschiedenster Schmetterlingsarten. Besonders Perlmuttfalter und der Kaisermantel nutzen die Veilchenblätter zur Eiablage, sodass ihre hungrigen Nachkommen gleich die passende Nahrung vorfinden.
Und dann wären da noch die Ameisen, die die Veilchen aus ganz anderen Gründen für sich entdeckt haben. Die Samen der Veilchen sind mit einem winzigen, aber ausgesprochen nahrhaften Anhängsel, dem sogenannten Elaiosom, ausgestattet. Eine Leibspeise für Ameisen. Für ein ordentliches Festmahl sammeln sie eifrig die Veilchensamen ein und transportieren sie zu ihrem Nest. Auf diese Weise leisten sie ganz nebenbei einen wertvollen Beitrag zur Verbreitung der Veilchen.
Kulinarische Freuden
Im Gegensatz zu den Ameisen bevorzuge ich lieber die Blüten. Duftveilchen sind nicht nur wunderschön, sondern auch eine Delikatesse. Alle Veilchenarten sind essbar. Vor allem die Blüten des Duftveilchens verführen mit ihrem einzigartigen Aroma und bringen Farbe in deine kulinarischen Kreationen. Sehr bekannt sind kandierte Veilchenblüten – allerdings ist das eine Heidenarbeit, die viel Fingerspitzengefühl und GEDULD braucht. Einfacher ist ein Sirup oder Essig zuzubereiten. Obendrein sind diese beiden auch ein optischer Hingucker. Ich sage nur PINK. Sorbet, Parfait, Panna Cotta oder Kuchen sind weitere Genusserlebnisse, die der Mühe wert sind, sie auszuprobieren. Rezepte für Veilchensorbet und Veilchensirup findest Du auf meinem Blog.
Traditionelle Heilkunde und moderne Wissenschaft
In der Volksmedizin wurde das Veilchen bereits von Hippokrates bei Kopfschmerzen und Melancholie eingesetzt, und auch Hildegard von Bingen wusste um die heilende Kraft dieser zarten Blume.
Viola odorata wird in der traditionellen Medizin zur Behandlung von Atemwegserkrankungen wie Husten und Bronchitis eingesetzt. Obwohl diese volksheilkundliche Anwendung des Duftveilchens gut dokumentiert ist, besteht ein Bedarf an weiteren klinischen Studien, um ihre Wirksamkeit und Sicherheit in diesen Bereichen wissenschaftlich zu bestätigen.
Eine umfassende systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse hat jedoch die Wirksamkeit von Viola odorata bei der Behandlung von Schlafstörungen untersucht und signifikante Verbesserungen der Schlafqualität festgestellt. Dies gilt insbesondere bei Patienten mit chronischen Schlafstörungen oder solchen, die an psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Zwangsstörungen leiden.[1,2]
Zudem zeigte eine randomisierte, dreifach verblindete Studie eine signifikante Verbesserung der Schlafqualität bei Frauen in der Menopause, die Viola odorata Sirup erhielten, was ihre mögliche Wirksamkeit bei hormonell bedingten Schlafstörungen unterstützt.[3]
Welche Wirkstoffe sind im Duftveilchen enthalten?
Zu den inneren Werte des Duftveilchens gehören Schleimstoffe, Salicylsäuremethylester, Triterpene, Saponine und Phenolcarbonsäuren, Ätherische Öle, Flavonoide, Eugenol, Odoratin, Cumarine und Anthocyane. Die Pflanze enthält allerdings auch das Alkaloid Violin und in der Wurzel Nitroderivate (0,01-0,02%).[4] Daher könnte der Verzehr großer Mengen zu Übelkeit und Erbrechen führen, darüber sind aber bisher keine Erfahrungsberichte bekannt. Der zarte, aber intensive Duft des März-Veilchens stammt von einem Terpen namens Jonon.
So klein und doch ganz groß
Meine kleine Veilchenreise ist nun zu Ende, so wie ihre Blütezeit für dieses Jahr. Doch ich freue mich schon auf ein Wiedersehen im nächsten. Wie geht es Dir mit dem Veilchen. Bist Du auch schon dem Zauber dieser kleinen Blume erlegen?
Quellen:
Fleischhauer, Guthmann, Spiegelberger, Enzyklopadie Essbare Wildpflanzen, AT-Verlag
Lüder Rita, Gundlagen der Feldbotanik, Haupt Verlag
1 Effects of Viola odorata as an Add-On Therapy on Insomnia in Patients with Obsession or Depression: A Pilot Randomized Double-Blind Placebo-Controlled Trial
Maryam Shayesteh 1 , Mohammad-Reza Vaez-Mahdavi 1 , Jamal Shams 2 , Mohammad Kamalinejad 3 , Soghrat Faghihzadeh 4 , Mohammad Gholami-Fesharaki 5 , Reza Gharebaghi 6 , Fatemeh Heidary
2 Effects of Viola odorata syrup on sleep quality in menopausal women: a randomized, triple-blind, controlled trial
Fatemeh Zahra Karimi 1 2 , Nahd Nazari 2 , Fatemeh Lotfi 3 , Seyed Reza Mazloom 1 , Mahdi Yousefi 4 , Hassan Rakhshandeh 4 5
3 Efficacy and safety of add-on Viola odorata L. in the treatment of COVID-19: A randomized double-blind controlled trial
Mohammad Sadegh Adel Mehraban 1 , Meysam Shirzad 2 , Leila Mohammad Taghizadeh Kashani 3 , Mohammad Mahdi Ahmadian-Attari 4 , Ali Akbar Safari 5 , Narges Ansari 6 , Hossein Hatami 7 , Mohammad Kamalinejad 8
4 Biogene Gifte – Biologie, Chemie, Pharmakologie, Toxikologie,
Teuscher, Lindequist; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart; 3. Auflage
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